Wer bisher als Pflegekraft aus dem Kosovo nach Deutschland reisen wollte, musste sich durch eine lange Prozedur quälen, bis das Visum erteilt wurde. Doch nicht nur der bürokratische Aufwand war hoch. Es waren auch die Gebühren für einen Visumsantrag. Bei der deutschen Botschaft in Prishtina betrugen sie 35 Euro. Hinzu kamen mindestens 25 Euro für die Vermittlungsagenturen. Plus die Kosten für Kopien und Übersetzungen von Dokumenten. Da kamen schnell 170 Euro zusammen. Eine gigantische Summe, wenn man das monatliche Durchschnittseinkommen im Kosovo von rund 480 Euro gegenüberstellt.
Die Kosten und der bürokratische Aufwand haben dazu geführt, dass Pflegepersonal aus dem Kosovo es sich zwei Mal überlegte, ob es Deutschland als Arbeitgeberland eine Chance geben sollte. Schließlich konnte man das Land, in dem man künftig arbeiten wollte, nur schwer kennenlernen.
Das hat sich nun geändert.
Die Visumpflicht bei Reisen aus dem Kosovo in Länder der EU, wurde bereits seit vielen Jahren als ungerecht empfunden. Von den Westbalkanstaaten brauchten nur die Einwohner des Kosovo noch ein Visum für einen Abstecher in die EU.
Das Problem war in der EU bekannt. Man wollte gegensteuern. Bereits 2016 stand fest, dass ein Ende der Visumpflicht für den Kosovo kommen sollte. Erst zum Jahreswechsel von 2023 auf 2024 trat dann eine entsprechende Regelung in Kraft. Seitdem ist es Kosovaren möglich, visumfrei nach Deutschland zu reisen.
Seit dem 1. Januar 2024 können Kosovaren visumfrei in EU-Länder reisen und dürfen sich dort 90 Tage aufhalten. Dadurch entfallen nicht nur die hohen Kosten für den Visumantrag, sondern auch lange Wartezeiten. Auf das Visum musste man bis zu drei Monate warten.
Durch die neue Regelung rücken Europa und der Kosovo näher zusammen. Nicht mehr zwei bis drei Monate warten zu müssen, bis ein Visum für die Einreise in die EU erteilt wird, verändert vieles. Nicht nur für Einheimische des Kosovo, die Familie in Deutschland haben. Sondern auch für die, die in Deutschland arbeiten möchten.
Man kann von einer Win-Win-Situation sprechen. Als Pflegekraft aus dem Kosovo kann man nun nur mit seinem Pass nach Deutschland reisen. In Deutschland freut man sich über die dringend benötigten Fachkräfte.
Allerdings reichen drei Monate nicht aus, um als Pflegekraft in Deutschland tätig zu werden. Es ist auch gar nicht erlaubt. Wer Staatsangehöriger des Kosovo ist und nach Deutschland kommen möchte, um in der Pflege zu arbeiten, für den reicht die Visumfreiheit nicht. Sie ist nämlich nicht mit einer Arbeitserlaubnis gleichzusetzen.
Was bringt Pflegerinnen und Pflegern die neue Regelung dann?
Die neue Regelung bedeutet nicht, dass du als Pflegekraft aus dem Kosovo ohne Genehmigung in Deutschland arbeiten darfst. Sie bringt aber dennoch enorme Vorteile mit sich. Besonders mit Blick auf den Fachkräftemangel in der Pflege.
Sowohl Arbeitssuchende aus dem Kosovo als auch Kliniken und Pflegeheime aus Deutschland können von der Visumfreiheit profitieren. Denn: Ein persönliches Kennenlernen wird nun deutlich einfacher.
Wenn du eine Pflegekraft aus dem Kosovo bist, kannst du nun ganz unkompliziert und ohne Visum nach Deutschland reisen. Etwa umkurzfristig ein Bewerbungsgespräch mit einer Klinik zu führen. So hast du die Möglichkeit, deinen künftigen Arbeitgeber vorab kennenzulernen und vielleicht schon einen Blick auf deinen künftigen Arbeitsplatz zu werfen. Außerdem kannst du so vor Ort deinen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben.
Während der drei Monate, die du dank derVisumfreiheit in Deutschland bleiben darfst, darfst du allerdings noch nicht mit deiner Arbeit im Pflegeheim oder in einer Klinik beginnen. Dazu muss weiterhin eine Arbeitserlaubnis bei der deutschen Botschaft eingeholt werden.
Pflegedienste, Krankenhäuser und Heime, die bereits vor dem 1. Januar 2024 Pflegekräfte aus dem Kosovo beschäftigten, können das auch weiterhin tun. Die Westbalkanregelung, wonach ein Arbeitgeber eine Arbeitskraft aus dem Kosovo unabhängig von ihrer formalen Berufsqualifikation beschäftigen kann, wurde entfristet.
Sie wurde sogar mit Blick auf de nFachkräftemangel in der Pflege verbessert. So entfällt etwa die Vorrangprüfung - es wird also nicht mehr durch die Bundesagentur für Arbeit geprüft, ob ein anderer Kandidat aus der EU für die Stelle in Frage kommt. Zudem wurde das jährliche Kontingent von Personal aus dem Westbalkan von 25.000 auf 50.000 erhöht.
Die Idee hinter der neuen Visumfreiheit für alle EU-Länder ist nicht die Arbeit in einem anderen Land. Über ein Arbeitsvisum entscheidet weiterhin die deutsche Botschaft. Aber: Die neue Regelung gibt Pflegerinnen und Pflegern aus dem Kosovo die Chance, sich vorab mit dem Land vertraut zu machen, in dem sie arbeiten möchten.
Das ist gut, denn vielleicht malt man sich in der Ferne Deutschland als Paradies aus. Zwar ist die Nachfrage nach Pflegekräften deutlich größer als im Kosovo und das Gehalt besser. Allerdings sind auch die Lebenshaltungskosten in Deutschland höher. Das Klima ist anders. Die Kulturfremd. Und die Arbeit in der Pflege ist nicht leicht. Es ist also durchaus sinnvoll, die Visumfreiheit zu nutzen, um Deutschland als Arbeitgeberland erst einmal kennenzulernen.
Die neue Visumfreiheit sollte als Chance gesehen werden. Als Chance für Pflegekräfte aus dem Kosovo, die erst einmal das Land kennenlernen sollten, in dem sie zukünftig arbeiten möchten. Aber auch als Chance für Arbeitgeber, die vorab sehen können, ob die dringend benötigte Fachkraft auch wirklich zu ihnen passt.